Interview mit Andriy Salyuk

Andriy Salyuk war einer der führenden Köpfe bei der Protestaktion „Revolution auf Granit“ und war Leiter der Studentenverbindung bei der Polytechnischen Universität Lwiw in den 1980/90er Jahren. Er ist heute Vorsitzender der Lwiwer regionalen Abteilung der ukrainischen Gesellschaft zum Schutz kultureller und historischer Sehenswürdigkeiten. Wir sprachen mit ihm über seine Erinnerungen an die Ereignisse während der „Revolution auf Granit“.

Die „Revolution auf Granit“ wird auch als Studentenrevolution bezeichnet. Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, dass die junge Generation zur Triebkraft der Revolution wurde? Wie haben Sie es geschafft, andere in die gesamtukrainische Protestaktion einzubeziehen?

Im Gegensatz zur „Orangenen Revolution“ und „Revolution der Würde“ war unsere Aktion nicht spontan. Sie wurde bis ins Kleinste geplant und durchdacht. Wir hielten die Idee der Aktion ungefähr sechs Monaten geheim. Im Februar 1990 wurden mehrere Studenten unserer Verbindung wegen verschiedener Proteste festgenommen. Sie traten im Gefängnis sofort in einen Hungerstreik. Wir fuhren dorthin, um sie zu unterstützen. Sie wurden freigelassen.

Die Studentenbewegung war bereits sehr stark. Wir führten verschiedene Veranstaltungen und Aktionen durch. Sie fanden in der ganzen Ukraine statt. Wir waren uns bewusst, dass wir eine landesweite Aktion durchführen können. Natürlich sollte die Hauptstadt im Zentrum stehen und alle Regionen der Ukraine sollten in Kyjiw vertreten sein.

Deshalb planten wir unsere Aktion so, dass wir keine zentrale Figur hatten, sondern drei gleichberechtigte Vorsitzende. Markijan Iwaschtschyschyn vertrat Lwiw, der dann durch Ihor Kozjuruba ersetzt wurde, Oles Donij vertrat Kyjiw und Oleg Barko kam aus Dniprodzerzhynsk. Wir bereiteten die Aktion sehr sorgfältig vor. Wir hatten sogar eine Probeaktion. Das war im Mai 1990. Es gab einen Hungerstreik der Studenten, eine Aktion, um sich mit chinesischen Studenten zu solidarisieren, die 1989 protestierten und von den Behörden brutal unterdrückt wurden.

Am Vorabend des Jahrestages dieser Tragödie kam es in vielen Städten zu Protesten. Es war ein eintägiger Hungerstreik. Wir testeten so, wie wir alles koordinieren und ob wir diese Aktion wirklich durchführen können.

Am 2. Oktober war es soweit. Wir waren uns bewusst, dass wir alles Notwendige für diese Aktion sicherstellen müssen. Entsprechend hatten wir Gruppen organisiert: für die Organisation, für die medizinische Versorgung, Pressedienst, Sicherheitsleute (die das Lager der hungernden Studenten bewachten). Das heißt, alles war streng koordiniert, ausgearbeitet und durchdacht.

Die Kommunisten versuchten, etwas gegen unsere Protestaktion auf dem damaligen Platz der Oktoberrevolution zu unternehmen. Sie wollten durch unser Lager gehen, um Blumen am Lenin-Denkmal abzulegen. Es war zu erwarten, dass es Provokationen und Konflikte geben würde. Wir waren auf alles vorbereitet.

Am Morgen waren wir überwältigt, wie viele Kyjiwer zu uns kamen. Das waren Zehntausende. Sie trennten unser Lager durch eine Menschenkette von den Kommunisten, die von, heute würden wir „Tituschkys“ sagen, bezahlten Provokateuren begleitet wurden. Das waren eigentlich getarnte Kadetten aus Militärschulen. Die Kommunisten dachten, dass es einen Kampf geben würde, aber es gab so viele Menschen, die uns unterstützen, und die Kommunisten wagten es nicht, anzugreifen.

Ab diesem Tag begann eine große Welle der Unterstützung in der Ukraine. Tausende kamen zu uns nach Kyjiw – Studenten anderer Universitäten fingen an, uns zu helfen; in anderen Städten gab es Solidaritätsaktionen mit den gleichen Forderungen, die wir zu Beginn unseres Hungerstreiks stellten.

Wie viele Menschen waren zu Beginn an dem Protest beteiligt? Warum fand die Aktion auf dem heutigen Platz der Unabhängigkeit statt?

Zu Beginn der Revolution, am Morgen des 2. Oktober, waren wir 111 oder 115 Personen, von denen etwa 80 aus Lwiw kamen. Wir fuhren mit dem Zug und wir saßen alle im gleichen Waggon. Die erste Idee war, die Aktion auf dem Maidan zu machen, da es ein sehr belebter Platz war. Wir wollten gesehen werden und visuell sichtbar sein. Deshalb entschieden wir, die Aktion auf dem Maidan zu machen – damals auf dem Platz der Oktoberrevolution.

Kollegen aus Kyjiw und Dniprodzerzhynsk kamen zu einem unserer Treffen und wir diskutierten darüber. Nach dem Treffen gingen wir mit Markijan Iwaschtschyschyn und Ihor Kozjuruba hinaus. Da warnte jemand: „Hören Sie, jemand wird uns doch verraten.“ Wir wussten, dass es unter uns Leute gab, die für den KGB arbeiteten und über unsere Pläne berichteten. Deshalb dachten wir darüber nach, ob wir die Aktion wo anders durchführen könnten. Wir waren jedoch absolut davon überzeugt, dass dieser Platz der beste Ort für unsere Botschaften ist. Wir beschlossen, einen anderen Weg zu gehen. Wir überzeugten alle davon, dass der Maidan ein schlechter Ort für eine Aktion ist, weil es keinen Platz für Zelte gibt und es wegen des Granits unbequem sei, dort zu schlafen. Wir schlugen den Marijinsky-Park als Alternative vor, weil es wegen der Bäume praktisch und bequem ist, Zelte aufzubauen, es keinen Wind gibt und man sich vor Regen schützen kann. Diese Argumente wurden von vielen akzeptiert. Wir waren uns einig, dass nur wir drei wissen, dass alles doch auf den Maidan stattfindet.

Wir beschlossen, dass wir allen Teilnehmern aus Lwiw 15 Minuten vor der Ankunft in Kyjiw darüber informieren, damit im Falle eines Lecks niemand Zeit hätte, dem KGB Bescheid zu geben.

Als wir uns Kyjiw näherten, versammelten wir alle. Wir hatten alles sehr klar aufgeteilt. Ich war der Leiter der Studentenverbindung der Polytechnischen Universität Lwiw. Diese Verbindung war die größte. Wir waren ungefähr 50 Personen. Ich habe den Leitern der anderen Fakultäten darüber in Kenntnis gesetzt, die Informationen an die Teilnehmer anderer Universitäten weiterzugeben, dass wir nun alle aussteigen und in kleinen Gruppen auseinandergehen.

Wir gingen zu zweit, zu dritt im ganzen Zug auseinander, um aus verschiedenen Waggons zu steigen, so dass es auf keinen Fall eine größere Menschengruppe gab. Wir verabredeten, dass wir uns um 9 Uhr auf dem Maidan treffen. Der Zug kommt in der Regel um 7 Uhr in Kyjiw an.

Als wir aus dem Zug stiegen, warteten auf dem Platz vor dem Bahnhof Gefangenentransporter mit Polizisten auf uns. Das heißt, die Information war wirklich durchgesickert.

Wir gingen in kleinen Gruppen auseinander und machten uns auf den Weg zum Maidan. Ich ging mit zwei Freunden zum Cafe „Domaschnja Kuchnja (Hausküche)“ am Chreschtschatyk wo heute das Cafe „Dwa gusja (Zwei Gänse)“ ist. Wir saßen dort, tranken Kaffee und aßen etwas, denn wir wussten, dass wir schon bald in einen Hungerstreik treten. Wir erwarteten ehrlich gesagt nicht, dass wir mit dem Hungerstreik Erfolg haben würden, weil wir dachten, dass uns die Polizei innerhalb von ein oder zwei Stunden festnimmt.

Ich erinnere mich, dass ich zwei Kollegen bat, zur Werchowna Rada in den Marijinsky-Park zu gehen, um zu sehen, wie die Situation dort war. Als sie zurückkamen, sagten sie: „Ich bin schockiert, dort sind mehr Polizisten als Bäume.“ Das heißt, man hat im Marijinsky Park auf uns gewartet und unser Täuschungsmanöver gelang.

Wir gingen zum Maidan, wo zwei Polizisten standen, die schockiert waren, als wir aus den Hauseingängen und Cafes zu zweit oder zu dritt kamen, Schlafsäcke ausrollten, vorbereitete Plakate aufwickelten, uns setzten und verkündeten, dass wir mit einem Hungerstreik beginnen. Es wurden Armbinden vorbereitet: Weiß für die hungernden Studenten und Schwarz für die Sicherheitsleute und die medizinische Versorgung.

Die „Revolution auf Granit“ gilt als erste erfolgreiche gewaltfreie politische Protestaktion in der UdSSR. Ist das wahr? Verlief wirklich alles friedlich und unblutig? Gab es keine Verhaftungen?

Das Prinzip der Gewaltfreiheit war für uns von Anfang an wichtig, als wir mit der Vorbereitung dieser Aktion begannen. Wir wollten nicht demonstrieren. Wir sahen, dass Kundgebungen in der Ukraine nicht effektiv waren. So fand zum Beispiel am 30. September 1990 in Kyjiw eine große Kundgebungen der Volksbewegung (Narodnyj Ruch) statt. Menschen kamen, redeten und fertig. Unserer Meinung nach sollte es kein einfacher Protest sein, sondern ein Erwachen des Bewusstseins.

Daher entstand die Idee eines Hungerstreiks. Wir appellierten an die Menschen durch Selbstaufopferung. Wir kamen an diesen Ort und wollten, dass unsere Forderungen erfüllt werden. Wir wollten dies nicht mit Gewalt erreichen, sondern durch Selbstaufopferung.

Dieses Konzept stand von Beginn der Vorbereitung dieser Aktion. Gab es Verhaftungen? Als wir von Lwiw nach Kyjiw reisten, das heißt, als wir in den Zug stiegen, waren die weiblichen Mitglieder unserer Studentenverbindung sehr böse mit mir, weil wir entschieden hatten, dass keine Frauen mit uns nach Kyjiw fahren. Wir waren bereit, verhaftet zu werden und dass man uns, wie es damals sehr oft der Fall war, brutal in Gefangenentransportern abführt und ins Gefängnis bringt.

Daher wurde beschlossen, dass keine Frauen mitkommen, sondern nur die Unterstützungsaktion in Lwiw vorbereiten. Unsere Frauen kamen am dritten Tag des Hungerstreiks zu uns. Als wir ankamen, wartete die Polizei bereits im Marijinsky Park auf uns. Als sie erfuhren, dass wir alle auf dem Platz der Oktoberrevolution waren, wurden sie innerhalb einer Stunde ans Hotel „Ukraine“ verlegt. Damals hieß es noch „Moskau“.

Es gab mehrere Hundert Bereitschaftspolizisten (OMON). Zuerst standen sie in der Nähe des Hotels, dann rückten sie näher. Sie warteten auf einen Befehl. Während ich mich mit dem Lager beschäftigte, ging unter anderem Markijan Iwaschtschyschyn zu einem Gespräch mit dem Kyjiwer Stadtrat.

Sie verhandelten dort lange Zeit, um die Erlaubnis für die Aktion zu erhalten. Gegen acht Uhr kam Serhij Baschtschuk, der für die Presse verantwortlich war, und sagte, dass wir wahrscheinlich die Erlaubnis zur Durchführung unserer Aktion erhalten würden.

OMON stand die ganze Zeit bei uns und gegen acht Uhr entschieden wir, unser Lager aufzuschlagen. Bis dahin saßen wir auf unseren Schlafsäcken und Zelten.

Wir fingen an, ein Lager aufzubauen, obwohl nur vorläufig „grünes Licht“ gegeben wurde, dass wir eine Erlaubnis bekommen. Wir bauten die Zelte so auf, dass die Schnüre so stark wie möglich gespannt wurden. Das für den Fall, falls OMON in einer Polizeikette kommt, wie Sie sie wahrscheinlich schon in Filmen gesehen haben (oder jetzt in Belarus). OMON sollte verlangsamt werden, damit wir ausreichend Zeit hätten, um wegzulaufen oder uns je nach Situation zu sammeln oder zu zerstreuen.

Gegen 10 Uhr kam Markijan Iwaschtschyschyn und sagte, dass wir die Erlaubnis erhielten. Wir blieben auf dem Maidan. Wir schliefen abwechselnd. Wir waren uns immer noch nicht sicher, ob OMON stürmen würde. Die Nacht verlief ruhig.

Es gab aber ein paar Provokationen. Ein Sprengstoffpaket wurde ins Lager geworfen, damit das Lager durchsucht werden konnte. Aber es gab keine Verhaftungen. In der Tat war die ganze Aktion sehr friedlich.

Die Situation änderte sich nach dem 14. Oktober, als wir zur Werchowna Rada marschierten und die Polizeikette durchbrachen. Wir starteten den sogenannten oberen Maidan, als wir auch einen Teil des Platzes in der Nähe der Werchowna Rada besetzten, indem wir auch dort Zelte aufbauten und blieben.

Die Hungerstreikenden lagen von Anfang an nicht nur auf dem Maidan herum. Wir gingen morgens in Gruppen zu verschiedenen Universitäten und großen Unternehmen, um andere zu agitieren. Ein Wendepunkt war, als das Werk Arsenal (Sawod Arsenal) seine Unterstützung für die Forderungen der hungernden Studenten ankündigte.

Das war bereits nach dem 10. Oktober. Dies zeigt die starke Unterstützung. Im Allgemeinen kamen ständig mehr oder weniger Studenten aller Universitäten zu uns.

Sie sagten, dass von den ersten 110 bis 115 Teilnehmern 80 aus Lwiw waren und es das Rückgrat dieser Revolution war. Warum kam dieser Demokratieimpuls aus Lwiw und nicht aus Kyjiw, wo tatsächlich alles ablief?

Es fällt mir schwer zu sagen, warum die Studentenbewegung in Lwiw aktiver und stärker als in Kyjiw war. Ich glaube, dass die Westukraine allgemein politisch aktiver war. Die Polytechnische Universität Lwiw und das Forstinstitut (so hieß es damals) waren starke Zentren der Studentenverbindung. Warum diese Zentren so stark waren? Es gab dort viele Studenten, die an technischen Fakultäten studierten, weil sie keine Geisteswissenschaften wie Recht oder Geschichte studieren durften, da ihre Familienmitglieder in Sibirien oder im Exil waren.

Das prägte auch das soziale Umfeld dieser jungen Menschen. Mitglieder der Studentenverbindungen waren auch Angehörige aus dem Lwiwer Gebiets und der Westukraine, die wussten, was eine unabhängige Ukraine bedeutet oder dass die Ukraine nicht zur Sowjetunion gehört.

Wir hatten sowohl an der Medizinischen Universität als auch an der Franko-Universität sehr starke Zentren. Das heißt, dass es an verschiedenen Universitäten eine starke Gemeinschaft von Studenten gab. In Kyjiw wurde die Studentenverbindung erst viel später gegründet. Übrigens wurden wir sogar zu deren Gründungskonferenz eingeladen. Wir kamen mit einer großen Delegation zur Unterstützung.

Es fällt mir schwer zu beurteilen, warum die Studentenbewegung in der Westukraine stärker als im Zentrum war. Ich denke, dass auch die Erziehung dieser jungen Leute eine wichtige Rolle spielte. Sie verstanden, was die Sowjetunion bedeutet.

Vielleicht war die Nähe zu Polen als Vorbild eines postsowjetischen Landes wichtig?

Ich glaube nicht, dass die Nähe zu Polen sehr wichtig war. Natürlich hatten wir Kontakte, aber wir hatten mehr mit der litauischen Sąjūdis als mit der polnischer Solidarność zu tun.

Mitglieder unserer Studentenverbindung veröffentlichten eine eigene Zeitung. Wir schrieben selbst Texte und machten den Entwurf dieser Zeitung. Einige von uns gingen ins Baltikum, wo diese Zeitungen gedruckt wurden. Sie brachten die gesamte Auflage in ihren Rucksäcken hier nach Lwiw, wo sie in der Westukraine verteilt und verbreitet wurde.

Die Studentenverbindung der Polytechnischen Uni Lwiw restaurierte im Sommer 1989 das erste Grab der Sitscher Schützen in der Ukraine. Zu dieser Zeit sprachen nur wenige von den Sitscher Schützen als Nationalhelden. Wir dachten, das müsse gemacht werden. Wir kannten diese Geschichte und wir stellten sie wieder her.

Im Sommer 1990, vor dem Hungerstreik, besuchten wir Winnyzja. Dort gab es die Nemyriv-Rayon bei der Stadt Bratslaw. Dort war das ruhmreiche und größte Bratslaw-Kosakenregiment. Wir kamen dorthin und arbeiteten für eineinhalb Monate vor Ort. Wir bauten ein Denkmal für die Kosaken.

Warum haben wir das gemacht? Weil wir uns sicher waren, dass kurzfristige Kundgebungen keine Wirkung haben. Wir zelteten dort und verstanden uns ausgezeichnet mit dem Dorfleiter Iwan. Er gab uns die Erlaubnis, dieses Denkmal zu errichten. Wir hatten dort unsere eigenen Konzerte, veranstalteten verschiedene Aktionen und reisten durch die umliegenden Städte und Dörfer. Die Leute kamen zu uns und in diesen eineinhalb Monaten hatten wir sehr viele gute Gespräche.

Als am 1. Dezember 1991 ein Referendum über die Unabhängigkeit stattfinden sollte, gingen wir mehr als ein Jahr später wieder zu diesen Menschen. Sie fragten: „Warum seid ihr zu uns gekommen? Sie erklärten uns doch im Sommer 1990 bereits alles. Es ist nicht notwendig, uns wieder zu agitieren.“

Genau damit rechneten wir während unseres Hungerstreiks. Wir wollten nicht durch Worte und Parolen etwas erreichen, sondern wir wollten eine Möglichkeit, die Menschen langfristig erreichen. Wir hofften, dass gerade darin der Erfolg unserer Aktion bestand. Und die Erfahrung zeigt, dass diese Hoffnung wahr wurde.

Zu jener Zeit war es gefährlich, ein derart demokratisch-progressives Verhalten zu haben, insbesondere für einen Studenten. Wie würden Sie die Fortsetzung Ihres Studiums sehen, insbesondere als Leiter der Studentenverbindung, wenn etwas schief gegangen und die Revolution gescheitert wäre?

Das größte Risiko bestand darin, dass wir von den Universitäten ausgeschlossen wurden. Ich war im 5. Studienjahr Leiter der Studentenverbindung und bemühte mich sehr, zu studieren. Ich habe sogar ein höheres Stipendium bekommen. Ich wusste, dass man einen Studenten dann am einfachsten ausschließen kann, wenn seine Leistungen ungenügend waren. Ein Ausschluss wegen politischer Überzeugungen war für die Regierung unpraktisch (selbst für jene, die Einfluss auf Rektorate ausübten). Das war 1989/90, als Gorbatschow etwas über Perestroika und Demokratie erzählte. Das heißt, damals war die Verfolgung politische Überzeugungen unpassend.